Den Kopf freikriegen - dabei helfen bunte Rabatten und ein Spaziergang durch die Seufzerallee
von Christian Wonitzki
Die Blumenuhr leuchtet wieder im Stiefmütterchen-Bunt; auch die Schmuckbeete im Blumengarten, der Efeustern und einige Rabatten haben dank der fleißigen Arbeit der Parkgärtner den Frühblüher-Schmuck bereits angelegt. Dabei ist das angesichts der grimmigen Nachtfröste nicht selbstverständlich. Bei manchen Ornamentbeeten am Sommerpalais, die tagsüber kaum Sonne abbekommen, verhindert frostharte Erde momentan das Pflanzen.
Deshalb der zweite Tipp für Parkbesucher: Die Seufzerallee.
Woher dieser häufig gebräuchliche Name herrührt weiß niemand. Aber egal - wer den von alten Winterlinden gesäumten Schlängelweg am Ufer der Weißen Elster entlang läuft, kommt auf andere Gedanken und die allgegenwärtige „Corona“-Präsenz tritt in den Hintergrund.
Die mehrere hundert Meter lange Allee wird bereits in einem Greizer Stadtplan von 1783 erwähnt, ist somit etwa 250 Jahre alt. Die für die heutige Gestalt des Fürstlich Greizer Parks maßgeblichen Persönlichkeiten Carl Eduard Petzold und Rudolph Reinecken standen somit um 1873 vor der Aufgabe, diese Allee in den neuen Park zu integrieren. Beide strebten eine Erweiterung des Parks auf die linke Elsteruferseite an, mit großzügiger Einbeziehung der „Neuen Welt“, der Trödenwiese, des Tals der Elften Stunde, der Ida-Höhe und der Sauwehrwiese. Eine zweite Brücke etwas flussabwärts und die Schaffung entsprechender kutschentauglicher Wegeverbindungen zur Erschließung des Areals waren das ehrgeizige Ziel. Am Ende stand die Idee der Schaffung eines „Wandergartens“, der das gesamte Elstertal mit den angrenzenden Höhen umfassen sollte.
Wegen der so angedachten Öffnung des Parks und der optischen Einbeziehung des linken Elsterufers sollte die Seufzerallee aufgelöst werden, ihre trennende Wirkung verschwinden. Dieser planerische Ansatz, den auch Christa Bretschneider in ihrer noch heute maßgeblichen Rahmenzielkonzeption von 1985 für den Park verfolgte, wurde unter der neuen Park-Eigentümerin, der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, nicht weiter verfolgt. Die Elster bleibt die natürliche westliche Parkgrenze, die Allee wurde baumpflegerisch saniert und soll so lange es machbar ist erhalten bleiben. Man muss sich klar machen, dass eine komplette Allee-Rekonstruktion, also Rodung und Neuanpflanzung, einen jahrzehntelang wirksamen Eingriff bedeuten würde.
Wer will, kann beim Wandern durch die Allee viele „dendrologische Lebensläufe“ erkennen. Die alten Bäume offenbaren neben altersbedingtem Verfall auch jede Menge Vitalität, wenn z.B. aus einem nahezu toten Restbaum neue Leitäste ein zweites Baumleben erschaffen oder eine Baumruine, deren rudimentärer Rest einem Brett gleicht, in dieser Form fortlebt.