Ginkgo
Ginkgo Ginkgo biloba L. (Nr. 40, s. Amtlicher Führer „Schätze der Pflanzenwelt im Greizer Park“, Neuauflage 2020)
Der Ginkgo ist zweifellos einer der interessantesten und legendenumwobendsten Bäume. Als äußeres Zeichen mag dafür stehen, dass das deutsche „Kuratorium Baum des Jahres“ Ginkgo biloba anlässlich des Jahrtausendwechsels zum Mahnmal für Umweltschutz und Frieden und zum Baum des Jahrtausends erklärte.
Der Ginkgo oder Ginko ist eine wild nur im südlichen China vorkommende, heute aber weltweit angepflanzte Baumart. Er ist der einzige lebende Vertreter der Ginkgoales, einer ansonsten ausgestorbenen Gruppe von Samenpflanzen.
Der Ginkgo wurde von holländischen Seefahrern aus Japan nach Europa gebracht und wird hier seit etwa 1730 als Zierbaum gepflanzt.
Die Ginkgogewächse gehören weder zu den Nadel- noch zu den Laubbäumen, sondern bilden eine eigene Gruppe. Obwohl der Ginkgo auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit Laubbäumen (Bedecktsamer) hat, ist er mit den Nadelbäumen näher verwandt und wird deshalb wie sie zu den Nacktsamern gezählt. Der Ginkgo wird in eine eigene Klasse eingeordnet, in die Klasse Ginkgoopsida (oder Ginkgophyta). Die Ginkgoopsida enthalten wiederum eine einzige Ordnung, die Ginkgoartigen (Ginkgoales), deren einzige Familie die Ginkgogewächse (Ginkgoaceae) mit nur einer lebenden Gattung der Ginkgo sind.
Der Ginkgo ist ein sommergrüner Baum. Er kann 1000 Jahre und älter werden und Wuchshöhen von bis zu 40 Metern und einen Brusthöhendurchmesser von 1 bis 4 Meter erreichen. Ein Exemplar aus Korea besitzt eine Höhe von 64 Meter und einen Stammdurchmesser von 4,45 Metern.
Der junge Baum wächst meistens schlank und auffallend gerade in die Höhe. Sein Umriss ist pyramidenförmig und er ist nur spärlich beastet. Dies ändert sich zunehmend beim älteren Baum ab 25 Jahren, dessen Äste sich immer mehr in die Waagerechte bewegen und so eine ausladende, mächtige Baumkrone bilden können. Meistens besitzt der Ginkgo zwei Haupttriebe, von denen einer schwächer ausgebildet ist.
Eine Besonderheit in der Pflanzenwelt stellen die sehr charakteristischen fächerförmigen, breiten Laubblätter dar. Sie sind in der Mitte mehr oder weniger stark eingekerbt und die Blattform variiert je nach der Stellung am Trieb und der Wuchskraft des Baumes, weshalb kaum ein Ginkgo-Blatt dem anderen gleicht. Blätter von jungen Bäumen sind deutlich anders geformt als die von alten Bäumen. Im Herbst kommt es zu einer intensiven Gelbfärbung der Blätter.
Der Ginkgo ist ein Windbestäuber und blüht im März, er ist zweihäusig getrenntgeschlechtig, es existieren also männliche und weibliche Pflanzen. Männliche Blüten haben das Aussehen von 2 bis 3 cm langen Kätzchen. Die Blüten treiben vor den eigentlichen Blättern aus und fallen nach dem Bestäuben je nach Temperatur von Anfang April bis Ende Mai wieder ab. Die 2 bis 3 mm großen Samenanlagen (weibliche Blüten) stehen zu zweit an einem kleinen Stiel.
Der nach der Befruchtung aus der Samenanlage entstandene gelblich-runde Ginkgosamen ähnelt äußerlich den Mirabellen. Die Samenschale entwickelt im ausgereiften Zustand einen unangenehmen Geruch nach ranziger Butter (verursacht durch Fettsäuren wie Buttersäure).
Die Samen sind aber wohlschmeckend, sie werden geröstet oder gegart in Ostasien geschätzt. An den Ginkgo-Bäumen des Fürstlich Greizer Parks wurden noch keine Früchte gesichtet.
Dieses Exemplar im Pinetum des Fürstlich Greizer Parks wurde vermutlich vor 1950 gepflanzt (s. Erwähnung von Ginkgo-Exemplaren im Pinetum in „300 Jahre Greizer Park 1650 - 1950“, Erinnerungsschrift, Stadt Greiz, 1950: „Ginkgo-Baum in der Nähe der Rotunde hat sich etwas besser entwickelt als die beiden anderen in der Koniferengruppe“). Einzurechnen ist auch, dass Ginkgo-Bäume anfangs sehr langsam wachsen.
Baummaße: Höhe 16 m, Kronendurchmesser 18 m, Stammdurchmesser 36 cm.
Ein weiteres, jüngeres Exemplar (Pflanzjahr ca. 1970) findet sich im südöstlichsten Parkbereich (Weg an der Rückseite der Parkgärtnerei).
Die Ursprünge des Ginkgo reichen in frühe Erdzeitalter zurück. Manche Wissenschaftler geben dem Ginkgo eine Geschichte von 300 Millionen Jahren. Schon bevor die Saurier lebten, sollen Vorfahren des Ginkgo die Erde großflächig besiedelt haben. Der Großteil der Ginkgoarten hatte sich schon in der Kreidezeit nach Ostasien zurückgezogen. Hier überlebte auch Ginkgo biloba die Eiszeiten.
Eines der wesentlichen Merkmale des Ur–Ginkgo–Baumes waren die feingabeligen, in verblüffender Vielfältigkeit ausgebildeten „Blätter“. So gab es neben zungen- bis nadelförmigen Blättern zweifach- oder vierfach geteilte und mehr als vierfach geteilte „Blätter“. Während eines Millionen Jahre dauernden Entwicklungsprozesses entstand aus diesen Urformen das heute weithin so bekannte und symbolhafte zweigeteilte Ginkgoblatt. Dieses aus den einstigen Nadeln zusammengewachsene Fächerblatt ist ein Phänomen in der Pflanzenwelt, das dem Ginkgo seinen besonderen Reiz verleiht.
Das einzigartige zweigeteilte Ginkgo-Blatt und die Zweihäusigkeit des Baumes wurden schon früh eng mit dem Symbol des Yin-Yang in Verbindung gebracht. Zur modernen Mythenbildung hat auch wesentlich die Geschichte des Tempelbaumes in Hiroshima beigetragen, der bei der Atombombenexplosion 1945 in Flammen aufging, aber im selben Jahr wieder austrieb und weiterlebte.
Qualifiziert zubereitete Ginkgospezialextrakte sind nach der WHO als Antidementiva klassifiziert. Anwendung finden sie auch zur symptomatischen Behandlung von arteriellen Durchblutungsstörungen. Im Gegensatz zur wissenschaftlich-pharmakologischen Nutzung werden in der Traditionellen Chinesischen Medizin nicht nur die Blätter, sondern auch die Samen und Wurzeln des Baumes genutzt.
Der Grund für die bis heute große Bedeutung des Ginkgo für Kunst, Kultur und Heilkunde liegt vor allem in der Chinesischen Philosophie und der ansprechenden Morphologie des Baumes und seiner Blätter begründet. Die Chinesen und Japaner verehren den Ginkgo seit Jahrhunderten als kraftspendend und lebensverlängernd. Ginkgos sind auf vielfältige Art und Weise in Mythen, Volkserzählungen und Geschichten wieder zu finden. Der Ginkgo steht in Japan unter Naturschutz. So mancher Baumriese überragt ganze Ortschaften und gilt als Wahrzeichen für seine Anwohner.
Das Holz eignet sich u.a. gut für Schnitzarbeiten. Es werden aber kaum Bestände zur reinen Holzgewinnung angebaut.
Ginkgo biloba ist sehr unempfindlich gegenüber Luftschadstoffen und eignet sich deshalb sehr gut als Straßen- und Parkbaum. Des Weiteren ist er weitgehend resistent gegen Insektenfraß sowie von Pilzen, Bakterien und Viren ausgelöste Krankheiten und erträgt Temperaturen von bis zu −30 °C.
Viele Namen wurden diesem „lebenden Fossil“ zuteil. Am bekanntesten sind wohl „Silberaprikose“ (nach der Form der Frucht) oder „Goethe-Baum“ - in Erinnerung an das Gedicht mit dem Titel „Ginkgo biloba“, das der 66 Jahre alte Goethe im September 1815 schrieb und 1819 in seiner Sammlung „West-östlicher Diwan“ veröffentlichte. Das Gedicht ist Goethes später Liebe, Marianne von Willemer, gewidmet und stellt das Ginkgoblatt aufgrund seiner Form als Sinnbild der Freundschaft dar. Goethe legte dem Gedicht zwei Ginkgo-Blätter bei.
Ginkgo biloba
Dieses Baumes Blatt, der von Osten
Meinem Garten anvertraut,
Gibt geheimen Sinn zu kosten,
Wie's den Wissenden erbaut.
Ist es ein lebendig Wesen,
Das sich in sich selbst getrennt?
Sind es zwei, die sich erlesen,
Daß man sie als eines kennt?
Solche Fragen zu erwidern
Fand ich wohl den rechten Sinn.
Fühlst du nicht an meinen Liedern,
Daß ich eins und doppelt bin ?
Der möglicherweise älteste Ginkgo-Baum Deutschlands, der Ginkgo im Frankfurter Stadtteil Rödelheim, wurde angeblich um das Jahr 1750 gepflanzt. Der Schlosspark Harbke (Sachsen-Anhalt) hat in seinem umfangreichen Baumbestand ebenfalls einen der ältesten deutschen Ginkgos, der um das Jahr 1758 gepflanzt worden sein soll. Im Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel befinden sich weitere alte Ginkgos, die angeblich um das Jahr 1780 gepflanzt wurden. Auch in Mannheim und Dresden gibt es sehr alte Ginkgos ohne weitere Jahresdaten.